| 
          
         | 
        
          
            <<  
             ^ 
              >>
          
          
            
              
                Date: 1998-12-20
                 
                 
                Netzchroniken VI: Die Gesetze der Kreidezeit
                
                 
-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- 
                 
                
      q/depesche  98.12.20/1 
updating      98.12.13/1 
 
 
Netzchroniken VI: Die Gesetze der Kreidezeit 
 
Als die Politik begann, sich mit versuchten  
Gesetzes/gebungen in Netzbelange einzumischen,  war   
kommender Blödsinn abzusehen.... 
   
Heute 22.30 als Audio in Matrix, Radio Ö1, oder in Schrift  
codiert allhier: 
 
Mit 91 000 aktiven IP-Adressen auf etwa ebensovielen  
Rechnern lag das Netzterritorium . at hinter Dänemark,  
Südafrika und der Schweiz im anbrechenden Jahr 1997 auf  
dem achtbaren Platz Nummer siebzehn in der Welt. Die  
grosse Ahnunglosigkeit, die - wie in den letzten Folgen der  
Netzchronik beschrieben wurde - zu  
Geldverbrennungsaktionen geführt hatte, ward am Beginn der  
Kreidezeit durch eine neue Facette angereichert. 
 
Die Politik mischte sich ein, mit Vorschlägen und Entwürfen  
zur Regulation und Registrierung, von der Impressumspflicht  
für Websites bis zur generellen Neuordnung des  
Telekombereichs. Vom Glücksspielmonopol über diverse  
Ministerien bis zu den Pornojägern aber wurden Forderungen  
an die Provider laut, diese und jene ausländischen Websites  
zu blockieren - mit einem Wort, der Höhlenbär war los, hätte  
es in der Kreidezeit schon Höhlenbären gegeben. 
 
Für die versuchten Gesetzesgebungen im Bereich Internet ist  
folgendes Zitat nachgerade ein Symptom: "In den von uns  
näher untersuchten Teilbereichen wurden jedoch auch im  
neuen Entwurf mannigfaltige und gravierende  
Regelungsprobleme bis hin zur Verfassungswidrigkeit  
offenkundig, deren Korrektur vor der endgültigen Vorlage des  
Entwurfes wir dringend empfehlen." Also schrieben die  
netzkundigen Juristen Gabriele Schmölzer und Viktor Mayer- 
Schönberger im Winter 97. 
 
Die Netzgemeinde oszillierte zwischen Verzweiflung und  
Gelächter in jener Zeit, als der gesetzesgeberische Apparat  
schliesslich selbst online ging. Was aber längere Zeit  
verborgen blieb, weil sich das Parlament hinter der  
rätselhaften Adresse parlinkom.gv.at verbarg. 
 
"Heiliger Morphologus, erlös uns von der grossen  
Ahnungslosigkeit" seufzte ein gefallener Klosterbruder in  
einer "Flugschrift für Geheimwissenschaften" namens  
quintessenz, die ihre mittlerweile ziemlich bekannten  
"Plumbo" Preise für "verstopfte Leitungen und  
Netzdeppentum" im Wochenrhythmus an Politiker verlieh.  
Dafür, dass diesen möglichst wenig erspart blieb, sorgte  
zusätzlich eine brandneue Sektion namens Politbüro, die ab  
Februar 97 von drei Journalisten aus drei verschiedenen  
Tageszeitungen bespielt wurde. Rückblickend lässt sich  
sagen, Karl Danninger, Gudrun Harrer und Helmut Spudich  
haben sich grundsätzlich und immer hart an der Grenze zur  
Klagbarkeit bewegt. 
 
Als Gegengewicht und dafür, dass sich die interaktive  
Elektropublizistik nicht in reinem Grobianismus erschöpfte,  
richtete der Sozialwissenschaftler Frank Hartmann einen  
stinkfeinen Salon für kybernetische Sophismen unter dem  
Titel Scryptorium ein. Vom fernen Leipzig aus telefonierte der  
mittlerweile zum ästhetischen Professor avancierte Josef  
Haslinger hintergündige Blitz-Essays direkt in den Audioteil  
der quintessenz hinein. 
 
International setzte sich das Rennen der Suchmaschinen- 
Betreiber um den europäischen Markt, das mit der  
Niederlassung von Yahoo in Deutschland, Frankreich,  
England eröffnet wurde, mit den schwedischen Ablegern von  
Lycos und Alta Vista fort. Wobei der letzgenannte für  
europäische User damals die mit Abstand schnellste  
Suchmaschine weltweit wa 
 
. Langsam bekam auch Netscape die Konkurrenz des  
Internet Explorers zu spüren, die US-Regierung aber setzte  
ihre Bemühungen um Zugriff auf die verschlüsselten E-Mails  
ihrer Staatsbürger unverdrossen fort. Statt mit dem Clipper- 
Chip scheiterte man nun mit Gesetzentwürfen, die  
Forderungen nach "key escrow" - "vorbeugender  
Schlüsselhinterlegung" enthielten, am Widerstand von  
Banken und Industrie. 
 
Wir aber schliessen das Kapitel Kreide Eins mit dem  
gewohnten Auszuge aus der Kabbalah, Abteilung  Sochar,  
Buch Idra Rabba, Teil III: 
 
Da aber beschloss Jahwe das Gesetz, die Thora als  
Weltplan zu schaffen. Er verbarg sie aber noch zweitausend  
Jahre; dann zog er sie hervor. Sogleich sprach sie zu ihm:  
Wer formen und gestalten will, möge sich erst selbst eine  
Form und Gestalt geben."  
 
-.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-
    
                 
- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- 
                
edited by Harkank 
published on: 1998-12-20 
comments to office@quintessenz.at
                   
                  
                    subscribe Newsletter
                  
                   
                
- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- 
                
                  <<  
                   ^ 
                    >> 
                
                
               | 
             
           
         | 
         | 
        
          
         |